Artikel: Charly Hübner
DB MOBIL trifft den Schauspieler am Hamburger Hauptbahnhof
Von: Katja Heer
Datum: 25.08.2023
Herr Hübner, wohin geht die Reise?
Nach Berlin, zur Besprechung meiner nächsten Projekte mit Florida Film.
Wo sitzen Sie am liebsten?
Im Großraumwagen am Fenster. Für mich ist Bahnfahren Arbeitszeit, und im Abteil entsteht manchmal so ein Kommunikationsdruck.
Werden Sie oft angesprochen?
Ja. Viele sagen Bukow zu mir oder: „Ich kenn dich doch aus dem Tatort.“ Die krasseste Geschichte habe ich erlebt, als ich mit meiner Frau Lina Beckmann im Zug auf dem Weg in den Urlaub war. Ich habe geschlafen und bin davon aufgewacht, dass sich ein Typ über Lina gelehnt hat, um von ihm und mir ein Selfie zu machen. Da habe ich nur gedacht, Leute, was ist los mit euch! Und das Foto ist doch garantiert nicht schön.
Und was haben Sie gesagt?
„Das ist aber gar nicht nett, was du da gemacht hast.“
Wie hat der Mann reagiert?
Er meinte: „Wieso, wir finden das geil, was du machst.“ Zum Schluss hat er sich aber entschuldigt und ist von dannen geschlichen.
Wenn Sie im Zug arbeiten, lernen Sie Texte?
Nein. Ich lese und schreibe. Einem textlernenden Schauspieler dabei zuzugucken, wie er vor sich hinbrabbelt, das ist ja auch für den Zuschauer unangenehm (lacht).
Am 31.8. kommt Ihr Regiedebüt „Sophia, der Tod und ich“ ins Kino. Der Tod wird in der Komödie von Marc Hosemann gespielt und ist sehr präsent. In unserer Gesellschaft ist er dagegen noch eines der größten Tabus. Für Sie auch?
Nein. Es ist doch klar, dass der Tod jederzeit kommen kann. Nicht nur zu Leuten, die schwer krank sind. Es kann jeden von uns treffen. Und das ändert sich nicht dadurch, dass wir ihn ignorieren.
Waren Sie schon immer so entspannt, was das Thema angeht?
Ich hatte vor langer Zeit einen Blinddarmdurchbruch und wäre während der OP fast gestorben, es war wirklich knapp. Damals habe ich angefangen, mich mit dem Thema zu befassen. Ich habe gemerkt: So schnell könnte es gehen. Und deshalb habe ich akzeptiert, dass der Tod nun immer an meiner Seite lebt. Nicht zu sterben ist ja auch gar keine Option.
Das ist wahr.
Die einzige wirkliche Sicherheit im Leben ist, dass wir alle sterben. Ich bin überzeugt: Wenn wir von Todesangst sprechen, ist es eher ein Gespräch über die Angst vor Kontrollverlust oder vor dem Schmerz der Hinterbleibenden. Aber man befasst sich bei beidem mit etwas, was man definitiv nicht mehr erleben wird.
Wovor haben Sie Angst?
Vor dem schmerzhaften Siechtum. Und natürlich ist der Gedanke an den Tod – also die Vorstellung von, wie Hamlet sagt, diesem großen Bereich, aus dem niemand wiederkehrt, um zu berichten, wie es dort ist – unheimlich. Aber es ist auch unheimlich, als Stadtmensch nachts um zwölf durch einen dunklen Buchenwald zu gehen (lacht).